Lage Deutschlands nach 1990

Deutschlands geopolitische Lage heute

1. Geopolitische Lage

Das vereinte Deutschland ist das Kernland, das geopolitische Herz Europas. Diese besondere geopolitische Lage ist nicht das "Verdienst" der Deutschen, aber es ist ein unbestreitbares und unveränderliches Faktum - schließlich kann Deutschland ja nicht einfach wegdriften...

Das vereinte Deutschland ist flächenmäßig größer geworden. Mit dem Beitritt der neuen Länder (Bundesländer) vergrößerte sich die Fläche um etwa ein Drittel auf die heutige Gesamtfläche von ca. 360.000 qkm.

Deutschland ist mit dem Wegfall der Ost-West-Teilung zu einem typischen Transitland geworden. Jeder, der sich in Europa von Nord nach Süd oder von West nach Ost (und umgekehrt - was in Zeiten des Kalten Krieges nur bedingt möglich war) bewegen will, muss zwangsläufig das Kernland durchqueren.


2. Sicherheitspolitische Lage

Deutschland ist erstmalig in seiner Geschichte ausschließlich von befreundeten Staaten umgeben. Manche Beobachter persiflieren diesen Zustand auch mit der Feststellung: "Deutschland ist von Freunden umzingelt".

Das vereinte Deutschland hat neun unmittelbare Nachbarstaaten und liegt damit im internationalen Vergleich an vierter Stelle. Nur drei Länder (alle insgesamt große Flächenstaaten, nämlich Russland, China und Brasilien) haben - in dieser Reihenfolge - mehr Nachbarstaaten als das relativ kleine Flächenland Deutschland.

Mit keinem seiner neun Nachbarstaaten wird Deutschland - wenn es, ebenso wie seine Nachbarn, eine vernünftige Politik betreibt - je wieder Krieg führen. Ausländische Streitkräfte sind nur noch in einem geringen Maße in Deutschland stationiert. Die Bundeswehr ist drastisch reduziert worden.

Ein Krieg in Mitteleuropa kann nach derzeitiger Lage ausgeschlossen werden - wenngleich einige Alarmisten und Betonköpfe noch immer dieses Menetekel an die Wand malen. Bedauerlicherweise gilt diese Aussage nach Putins "Heimholung der Krim ins russische Reich" nicht mehr für die Ränder Europas...

Anmerkung: Die neue, geschichtlich erst- und einmalig günstige geopolitische Lage Deutschlands führt zu zwei in ihren extremen Ausformungen völlig kontroversen Schlussfolgerungen:

  1. Wenn uns niemand mehr angreifen will, dann brauchen wir ja überhaupt keine Soldaten.
  2. Wenn wir so eingebettet liegen, dann sind wir völlig abhängig von den Sicherheitsvorkehrungen der umliegenden Staaten. Da man sich aber nie mit letzter Sicherheit auf deren Potential verlassen kann, müssen wir unseren Schutz selbst in die Hand nehmen und brauchen deshalb eine besonders starke selbständige Armee (Motto "man kann ja nie wissen").

Beide Schlussfolgerungen sind in ihrer absoluten Aussage falsch und verharren in den herkömmlichen Denkschemata des Nationalstaates. Näheres hierzu finden Sie in dem folgenden Themenbereich unserer Website
•  Bundeswehr


3. Bevölkerungspolitische Lage

Die Bundesrepublik Deutschland ist mit der Wiedervereinigung am 03. Oktober 1990 der deutlich bevölkerungsreichste Staat in Europa geworden. Sie ist heute (2019) mit rund 83 Millionen Einwohnern erheblich größer als die drei anderen Mittelstaaten Europas (Frankreich, Großbritannien und Italien) mit jeweils um bzw. über 60 Millionen Einwohnern.

Das Bevölkerungspotential der Bundesrepublik Deutschland stellt heute einen dominierenden Faktor in Europa dar, zum einen in wirtschaftlicher Hinsicht (z.B. Produktionskraft und Absatzmarkt), zum anderen in politischer Hinsicht (gewachsene Verantwortung, gewachsenes Selbstbewusstsein). Man wird wieder besonders darauf achten, was "die Deutschen" machen...

Anmerkung: Zu den etwa 63 Millionen Einwohnern der "alten" Bundesrepublik kamen 1990 etwas über 16 Millionen Einwohner der ehemaligen DDR, zusammen also etwa 79 Millionen. Die heutige Einwohnerzahl von etwa 83 Millionen erklärt sich aus der seit 1989 erfolgten Bevölkerungszunahme insbesondere durch Zuwanderung. Als Faustregel kann man sich merken: etwa 80% der heutigen Bevölkerung leben in den "alten" Bundesländern, etwa 20% in den "neuen" Bundesländern. Es ergibt sich also ein Verhältnis von 4:1.


4. Wirtschaftspolitische Lage

Die Bundesrepublik Deutschland ist heute die viertstärkste Wirtschaftsmacht der Welt. Zwar hatte sich durch den Beitritt der neuen Bundesländer das ProKopf-Einkommen statistisch verringert, jedoch hat sich die Gesamtwirtschaftskraft des Landes, gemessen als Bruttoinlandsprodukt (BIP), erhöht, wenn auch nicht anteilmäßig: Der Bevölkerungszuwachs 1990 von etwa 20 Prozent hätte - eine in etwa gleiche Wirtschaftskraft vorausgesetzt - einen Leistungszuwachs von ebenfalls etwa 20 Prozent ergeben müssen. Tatsächlich lag der Zuwachs nur bei etwa 8-10 Prozent.

Ein wesentliches Standbein der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor der Export. Es ist auch aus diesem Grunde im ureigensten deutschen Interesse, im Ausland ein Klima zu schaffen, dass nicht deutschfeindlich ist. Aufgrund unserer Geschichte muss deshalb auch den kleinsten Ansätzen zu einem neuen Nationalismus Einhalt geboten werden. Das Klischee ist ebenso einfach wie nachvollziehbar: Ein rechtsextremer Deutscher ist ein "hässlicher" Deutscher; ein hässlicher Deutscher produziert "hässliche" Waren; und hässliche Waren kauft man nicht.

Anmerkung: Aus der Diskrepanz der realen Wirtschaftsleistung von West und Ost erklärt sich u.a. die Notwendigkeit der Angleichung der Lebensverhältnisse durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen, Länderfinanzausgleich, Solidaritätszuschlag etc. Auch die vormals größten Optimisten gehen heute davon aus, dass mit einem noch viele Jahre dauernden "Aufholprozess" gerechnet werden muss.