Konvergenzkriterien der Eurozone – die Maastricht-Kriterien

Die Konvergenzkriterien zur Einführung des Euro

Soll und Ist der Konvergenz

Die Grafik zeigt zum einen die fixen und variablen Schwellenwerte der Konvergenzkriterien, zum anderen den Stand der Konvergenz der damals 15 EU-Mitgliedstaaten unmittelbar vor Einführung des Euro als Buchgeld am 01.01.1999.

Von links nach rechts als Balkendiagramme dargestellt sind
•  Staatsverschuldung
•  Haushaltsdefizit (jährliche Neuverschuldung)
•  Inflationsrate
•  langfristige Zinsen

Von den im Jahr 1998 fünfzehn EU-Mitgliedstaaten wurden 11 Gründungsmitglieder der Eurozone. Drei Länder (Dänemark, Großbritannien und Schweden) haben auf die Teilnahme bis auf Weiteres verzichtet. Griechenland wurde 2001 - nicht zuletzt mit deutscher Unterstützung - als 12. Mitglied aufgenommen, obwohl es das einzige Land war, das 1998 alle(!) Schwellenwerte zum Teil deutlich überschritten hatte. Danach wurden die Werte, wie wir heute wissen, "schöngerechnet". Und jetzt haben wir den Salat...

Neue Mitglieder der Eurozone wurden jeweils am 1. Januar des Jahres: Slowenien 2007 (damit wurde erstmals ein "neues" Land aufgenommen), Malta und Zypern 2008, Slowakei 2009, Estland 2011, Lettland 2014 und Litauen 2015. Damit sind alle baltischen Staaten Mitglieder der Eurozone.

Näheres zur Eurozone siehe die interne Webseite
•  Die Eurozone auf einen Blick


Konvergenzkriterien
(Beitrittskriterien zur Eurozone)

Um Teil der Eurozone zu werden, müssen EU-Mitgliedstaaten verschiedene Kriterien erfüllen. Diese wurden 1992 im Vertrag von Maastricht festgelegt (deshalb auch häufig als "Maastricht-Kriterien" bezeichnet) und mit dem Vertrag von Lissabon in den "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)" integriert. Die Kriterien verdeutlichen, welchen Grad an finanzieller und wirtschaftlicher Konvergenz die Mitgliedstaaten erreichen müssen, um den Euro einführen und Mitglied der Eurozone werden zu können.

 1.  PREISSTABILITÄT (die 1,5%-Marke)

Die Inflationsrate darf nicht um mehr als 1,5 Prozentpunkte über derjenigen der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten liegen, d.h. derjenigen Staaten, die in dem Jahr vor der "Aufnahmeprüfung" auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben.

2.  HAUSHALTSTABILITÄT (die beiden Fix-Werte)

Dieses Kriterium orientiert sich an zwei Unterkriterien, die beide prozentual zum nationalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) berechnet werden (Art. 126 und 140 AEUV).

a. Öffentliches Defizit (der 3%-Schwellenwert)

Das jährliche Haushaltsdefizit (die Neuverschuldung) darf am Ende des vorausgehenden Haushaltsjahres nicht höher sein als 3% des BIP. Ausnahmen: Das Verhältnis ist erheblich und laufend zurückgegangen und hat einen Wert in der Nähe von 3% erreicht oder der Referenzwert wurde nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird und bleibt in der Nähe von 3%.

b. Öffentlicher Schuldenstand (der 60%-Schwellenwert)

Der öffentliche Schuldenstand darf am Ende des vorausgehenden Haushaltsjahres 60% des BIP nicht überschreiten. Ausnahme: Das Verhältnis ist hinreichend rückläufig und nähert sich rasch genug dem Wert von 60%.

3.  LANGFRISTIGE ZINSSÄTZE (die 2%-Marke)

Der Zinssatz langfristiger Staatsanleihen darf nicht mehr als 2% über dem Durchschnitt der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten liegen. Dabei wird der Zeitraum von einem Jahr vor Prüfung der Lage des Mitgliedstaats zugrunde gelegt.

4.  WECHSELKURSSTABILITÄT (die 2-Jahres-Frist)

Der Staat muss mindestens zwei Jahre lang ohne Abwertung am sogenannten Wechselkursmechanismus II teilgenommen haben. Dabei darf die Währung des Landes nur in einer bestimmten Wechselkursbandbreite (meist 15%) vom Eurokurs abweichen. Außerdem darf der Staat seine Währung (d. h. den bilateralen Leitkurs seiner Währung gegenüber der Währung eines anderen Mitgliedstaats) innerhalb des gleichen Zeitraums nicht von sich aus abgewertet haben.

5.  NATIONALE RAHMENBEDINGUNGEN

Als weiteres wichtiges Kriterium gilt, dass die Gesetzgebung eines Staates alle Voraussetzungen zur Einführung des Euros entsprechend den Verträgen erfüllen muss. Dies betrifft vor allem die Unabhängigkeit und Rolle der nationalen Zentralbanken.

In sogenannten Konvergenz-Berichten prüft die Kommission gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) die Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten auf dem Weg in die Eurozone. Die Konvergenz-Berichte werden alle zwei Jahre vorgelegt, Mitgliedstaaten können diese aber auch kurzfristige anfordern. Die EU-Kommission untersucht dabei nur Staaten, die vertraglich an die Einführung des Euros gebunden sind (siehe oben).


Kriterien nach dem Beitritt

Die o.a. Konvergenzkriterien müssen nur bei der Einführung des Euro erfüllt werden. Um aber später auch innerhalb der Eurozone eine haushaltspolitische Stabilität zu gewährleisten, wurde vor allem auf deutsche Initiative hin das Kriterium der Haushaltsstabilität (siehe Nr. 2.a und 2.b oben) auch über den Beitritt hinaus im "Stabilitäts- und Wachstumspakt" festgeschrieben.

Die anderen Kriterien sind hingegen nach dem Euro-Beitritt eines Landes nicht mehr anwendbar. Für die Preisstabilität ist die EZB zuständig. Ab 2009 wurde angesichts der griechischen Staatsschuldenkrise und der anschließenden Eurokrise darüber diskutiert, ob Staaten, die sich nicht mehr selbst am Kapitalmarkt refinanzieren können, aus der Eurozone ausgeschlossen werden sollten. Letztlich wurde dieser Vorschlag aber verworfen und stattdessen der Europäische Stabilisierungsmechanismus (ESM) als Teil des "Euro-Rettungsschirms" eingeführt, um die Zahlungsunfähigkeit von Mitgliedstaaten der Eurozone zu verhindern.

Bedauerlicherweise verletzen inzwischen die meisten Mitglieder der Eurozone (bei der Gesamtverschuldung auch der "Musterschüler" Deutschland) das Kriterium Haushaltsdisziplin seit Jahren.

Siehe hierzu die interne Webseite
•  Die Schuldenmacher der Eurozone