Argumente CONTRA Wehrpflicht

Ersatzdientleistender KDV (Bildquelle unbekannt)Hinweis: Bitte beachten Sie, dass manche Argumente sowohl in der Pro- als auch in der Contra-Argumentation auftauchen können, je nachdem, ob das Glas als halb voll oder als halb leer angesehen wird. Einige Begründungen beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Bundeswehr und die Situation in Deutschland, die meisten zielen jedoch auf das Thema Wehrpflicht generell. Die folgenden Argumente sind als wertungsfreie Sammlung zusammengestellt und geben im Einzelnen nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers oder der Autoren der Website wieder.


Argumente CONTRA Wehrpflicht

♦  Nach Artikel 12a Absatz 1 des Grundgesetzes können Männer zur Wehrpflicht verpflichtet werden. Es ist eindeutig eine sogenannte Kann-Bestimmung.  Das Aussetzen der Wehrpflicht wäre somit ohne eine Grundgesetzänderung jederzeit möglich.

♦  Nach der Bundeswehrplanung und den derzeit vorliegenden Reformvorschlägen dienen Streitkräfte nicht mehr länger der Landesverteidigung, sondern vor allem der Krisenreaktion außerhalb Zentraleuropas.

♦  Das zukünftige erweiterte Aufgabenspektrum der Bundeswehr erfordert eine größere Professionalität der Soldaten. Dies ist mit kurzzeitig dienenden Wehrpflichtigen nicht zu gewährleisten.

♦  Die Technisierung der Bundeswehr braucht gut geschulte Spezialisten. Wehrpflichtige können während der kurzen Wehrdienstzeit kaum noch zureichend in der Handhabung komplizierter Waffensysteme ausgebildet werden.

♦  Man kann heute sicher von langen Vorwarn- und Vorbereitungszeiten ausgehen; daher kann man sich stärker auf Reservisten verlassen.

♦  Jeder männliche Bürger wird als potentieller Soldat geboren. Ihm wird quasi das Maschinengewehr in die Wiege gelegt.

♦  Die Wehrpflicht ist überholt. Von den 30 Mitgliedsstaaten der NATO halten 2022 nur noch fünf Staaten (Estland, Griechenland, Litauen, Norwegen und die Türkei) an der Wehrpflicht fest. In Dänemark ist die Wehrpflicht de facto außer Kraft.

♦  Immer mehr Länder wandeln ihre Streitkräfte in Freiwilligenarmeen um.

♦  Die politischen Umwälzungen seit 1989/1990 haben in Europa eine völlig neue sicherheitspolitische Lage entstehen lassen. Heute haben wir zum ersten Mal in unserer Geschichte nur Freunde, Verbündete und Partner als Nachbarn. Deutschland hat also am meisten davon profitiert, kann seine Streitkräfte entsprechend umstrukturieren und auf die Wehrpflicht verzichten.

♦  Eine Massenarmee würde weder gegen internationale politische Instabilität noch gegen Massenvernichtungswaffen helfen.

♦  Die Länder ohne Wehrpflicht geben als Grund für die Abschaffung bzw. Aussetzung der Wehrpflicht und damit der spürbaren Verringerung der Streitkräfte an, dass die Sicherheitslage dies zulasse, da es mit Ende des Kalten Krieges keine direkte Bedrohung mehr gäbe.

♦  Der Friedensumfang der Bundeswehr und damit der Bedarf an Wehrpflichtigen unterschreitet die Anzahl der zu Verfügung stehenden Männer eines Jahrganges erheblich. Wenn nur noch eine Minderheit eines Jahrgangs damit rechnen muss, zum Dienst an der Waffe herangezogen zu werden, wird die Wehrungerechtigkeit zur Regel.

♦  Die Wehrpflicht ist hauptsächlich für die deutlich höhere Arbeitslosigkeit bei jungen Männern im Vergleich zu der bei jungen Frauen verantwortlich

♦  Die Wehrpflicht führt zu einer Verringerung der Lebensarbeitszeit mit allen Folgen für die Sozialversicherungssysteme.

♦  Die Wehrpflicht konterkariert bei Männern die Bemühungen, das Berufseinstiegsalter zu senken

♦  Eine Wehrdienstarmee ist zwar billiger als eine Berufsarmee gleichen Umfangs, aber nur für den Bundeshaushalt. Gesamtwirtschaftlich dürften die Kosten gleich oder sogar höher sein, da große Verluste an Kaufkraft, Steuern und Sozialabgaben zu verkraften sind.

♦  Die Wehrpflicht ist ein Standortnachteil gegenüber Ländern ohne Wehrpflicht (jüngere Arbeitskräfte). Zudem erschwert sie angesichts der Europäisierung des Arbeitsmarkts die Ein- und Aufstiegschancen in internationalen Unternehmen (Angehörige von Staaten ohne Wehrpflicht verfügen bereits über ein Jahr Berufserfahrung).

♦  Der verringerte Bedarf an Wehrpflichtigen führt zu einer Abnahme der Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft, da nur noch eine kleine Minderheit belastet wird, die zudem immer weniger ein Spiegelbild eines jeweils männlichen Jahrganges darstellt.

♦  Die wachsende Wehrungerechtigkeit führt zu einer Spaltung der jungen Männer in diejenigen, die überhaupt nicht dienen müssen (die Glücklichen und Cleveren), den Zivildienstleistenden (den Guten) und den Wehrpflichtigen (der Rest).

♦  Die zunehmende Dienst- und Wehrungerechtigkeit belohnt egoistische Handlungsweisen und Drückertum.

♦  Die Wehrpflicht und die Praxis ihrer Durchführung stehen nicht nur im Widerspruch zum inzwischen erreichten Grad der Gleichberechtigung, sondern auch zum Gleichbehandlungsgrundsatz.

♦  Die Wehrpflicht bindet Geld und Personal und behindert so den Aufbau einer professionellen Armee.

♦  Eine Wehrpflichtigenarmee befindet sich nicht auf Augenhöhe mit einer professionellen Berufsarmee.

♦  Die Wehrpflicht verhindert die Entstehung von neuen Jobs bei der Armee und – im Zusammenhang mit dem Ersatzdienst – in vielen sozialen Einrichtungen.

♦  Wenn die Ausbildung von Wehrpflichtigen zur Belastung für die Streitkräfte wird und als notwendiges Übel für die „Soldaten zweiter Klasse“ nebenher läuft, wird die Anzahl der Wehrpflichtigen, die ihre Wehrdienstzeit in negativer Erinnerung haben, steigen.