Die Westeuropäische Union auf einen Blick (WEU)

Hinweis: Die 2011 aufgelöste WEU, ihre Organisationsform und ihre Strukturen werden auf dieser Webseite weiterhin aufgezeigt, da sich an ihrem Beispiel etliche der auch in der EU vorhandenen sicherheitspolitischen Schwächen und Unzulänglichkeiten verdeutlichen lassen
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Western European Union (WEU)
Westeuropäische Union

Westeuropäische Union - Mitgliedschaften der WEU

Hintergrund

Die WEU war ein 1948 mit dem Brüsseler Vertrag ursprünglich gegen eine eventuelle Wiederaufnahme deutscher Angriffspolitik von fünf Staaten (Frankreich, Großbritannien, Belgien, Niederlande, Luxemburg) geschlossenes Bündnis.

1954 änderte das Bündnis nach dem Scheitern der "Europäischen Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) im französischen Parlament mit dem Beitritt Deutschlands und Italiens seinen Vertragszweck und sollte von da an die Mitgliedstaaten vor jedem Angriff von außen schützen (Artikel 5 des WEU-Vertrags).

1999 wurde auf dem EU-Gipfel von Köln die Übernahme der von der WEU entwickelten sogenannten Petersberg-Aufgaben (siehe Grafik) durch die EU, und auf den Folgegipfeln von Helsinki, Feira und Nizza die Integration der Institutionen und Krisenmanagementfunktionen der WEU in die EU beschlossen und in den Folgejahren durchgeführt.

Am 30. Juni 2011 wurde die WEU konsequenterweise aufgelöst.


WEU-Strukturen

Hinweis: Die Strukturen werden hier weiterhin aufgezeigt, da sich aus ihnen auch einige der in die EU mit übernommenen Schwächen und Unzulänglichkeiten erklären.

Die WEU war eine Internationale Organisation, die auf intergouvernementaler Basis arbeitete. Oberstes Entscheidungsgremium war der in der Regel zweimal jährlich tagende WEU-Ministerrat, der sich aus den nationalen Außen- und Verteidigungsministern zusammensetzte.

Die Überwachung der laufenden Aktivitäten der WEU oblag dem Ständigen Rat auf Botschafterebene. Der Generalsekretär vertrat die WEU nach außen, leitete die Sitzungen des Ständigen Rates und koordinierte die Aktivitäten der WEU-Gremien.

1992 kam der WEU mit den Petersberg-Aufgaben eine wichtigere Rolle im Krisenmanagement zu. Sie verstand sich zunehmend als verteidigungspolitische Komponente der EU und als Mittel zur Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO. Allerdings wurde erst 1997(!) ein WEU-Militärausschuss etabliert.

Zu seiner Unterstützung wurde ein WEU-Militärstab eingerichtet, der im Wesentlichen aus einer militärischen Planungszelle und dem WEU-Lagezentrum bestand. Das Personal des WEU-Hauptquartiers in Brüssel umfasste 2009 nur noch einige Dutzend Personen; das Jahresbudget betrug ca. 13 Millionen Euro.

Darüber hinaus existierte ein Institut für Sicherheitsstudien, ein Satelliten-Zentrum in Spanien, die Westeuropäische Rüstungsgruppe (WEAG) sowie die Parlamentarische Versammlung der WEU, die kurz vor der Auflösung der Organisation im Juni 2011 zum letzten Mal tagte.

Weiterführender externer Link
(auch 2019 noch existent)

  • Western European Union (WEU)
    (Nach wie vor verfügbare Webpräsenz der Westeuropäischen Union - in Englisch und Französisch - mit nach wie vor interessantem Archiv- und Hintergrundmaterial. Empfehlenswert.)

HINTERGRUNDINFORMATION

(1) Der Vertrag

Der WEU-Vertrag und mit ihm die Beistandspflicht gemäß Artikel 5 blieben bis dahin weiter bestehen. Mit dem Vertrag von Lissabon (in Kraft seit 1. Dezember 2009) wurde eine - allerdings abgeschwächte - Beistandsklausel ebenso wie eine allgemein gehaltene Solidaritätsklausel in den "Vertrag über die Europäische Union" (EUV) aufgenommen.

Die WEU war ein reines Verteidigungsbündnis zur kollektiven Selbstverteidigung mit gegenseitiger Beistandspflicht. Insgesamt waren zum Schluss 28 Staaten in die WEU eingebunden. Die Nicht-Vollmitglieder konnten sich an den Operationen der WEU beteiligen. Die sehr rigide Beistandsgarantie ("Muss-Garantie") gemäß Artikel 5 des WEU-Vertrags blieb dagegen auf die 10 Vollmitglieder beschränkt.


(2) Die Entwicklung der Mitgliedschaft (28)
(siehe auch oberste Grafik und Kasten unten)

Die WEU umfasste 10 Vollmitglieder: Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Belgien und Luxemburg (die fünf Gründungsmitglieder von 1948), Bundesrepublik Deutschland und Italien (1954), Spanien und Portugal (1990) sowie Griechenland (1995).

1992 wurden die drei NATO-Staaten Irland, Norwegen und die Türkei als Assoziierte Mitglieder aufgenommen (eine Vollmitgliedschaft der 3 Staaten scheiterte am Einspruch Griechenlands gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei).

Zugleich wurde 1992 der Status der Beobachter geschaffen. In der Folge traten die vier neutralen EU-Staaten Irland, Schweden, Finnland und Österreich sowie Dänemark der WEU als Beobachter bei.

1994 wurden die zehn "mittel- und osteuropäischen Länder" (MOEL), die mit der EU das Europa-Abkommen abgeschlossen hatten (und 2004 in die EU aufgenommen wurden), als Assoziierte Partner aufgenommen.

1999 wurde der Status von Polen, Tschechien und Ungarn, nachdem sie im März desselben Jahres der NATO beigetreten waren, von dem eines Assoziierten Partners in den eines Assoziierten Mitglieds der WEU aufgewertet.


(3) Erläuterungen zum WEU-Status der Mitgliedschaft

Vollmitglieder
Vollmitglieder der Westeuropäischen Union (WEU) hatten alle Rechte und Verpflichtungen aus dem modifizierten Brüsseler Vertrag von 1954 einschließlich der gegenseitigen Beistandsverpflichtung. Alle WEU-Vollmitglieder waren auch Vollmitglieder der EU und der NATO.

Assoziierte Mitglieder
1992 geschaffener Status, der den europäischen NATO-Mitgliedstaaten, die nicht EU-Mitgliedstaaten waren, das Recht zur Teilnahme in allen WEU-Gremien sowie an allen Maßnahmen des militärischen und nichtmilitärischen Krisenmanagements der WEU ermöglichte. Assoziierte Mitglieder durften allerdings Entscheidungen der Vollmitglieder, für die Konsens vorgeschrieben war, nicht blockieren.

Beobachter
1992 geschaffener Status, der den europäischen EU-Mitgliedstaaten, die als neutrale Staaten keine NATO-Mitgliedstaaten waren oder - wie im Falle Dänemarks zwar NATO-Mitgliedstaaten waren, aber keine Vollmitglieder der WEU werden wollten - ermöglichte, an Sitzungen des WEU-Rates und anderer WEU-Gremien teilzunehmen; sie hatten dort auf Antrag Rederecht.

Assoziierte Partner
1994 geschaffener Status, der den mittel- und ost-europäischen Ländern, denen der Europäische Rat mit dem Europa-Abkommen eine Beitrittsperspektive zur EU eröffnet hatte, die Teilnahme an Sitzungen des WEU-Rates und einiger WEU-Gremien von Fall zu Fall ermöglichte.