Südlicher Korridor – neue Seidenstraße

Südlicher Korridor - neue Seidenstraße (Energiepartnerschaft der EU)

Hintergrund

Die am 08. Mai 2009 in Prag gegründete Energiepartnerschaft verfolgt das richtige Ziel einer dringend notwendigen Diversifizierung des Gasbezugs für Europa. Die EU schätzt, dass eines Tages etwa fünf Prozent des europäischen Gasbedarfs durch den "Südlichen Korridor“ bezogen werden können.

Ziel

Energiepartnerschaft der EU mit Förder- und Transitländern, um sich einen besseren Zugang zu Gasvorkommen (und letztlich auch Ölvorkommen) im Kaspischen Raum und im Nahen Osten zu sichern und zugleich unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu werden.

Teilnehmer

Die Grafik zeigt die Mitgliedstaaten der EU (blau) und die Förder- und Transitländer der Partnerschaft in Zentralasien, im Kaspischen Raum, im Südkaukasus und im Maschrek (orange) sowie eine Auswahl wichtiger Energierouten in schematischer Darstellung.

Verbraucherländer
•  Europäische Union, vertreten durch die sog. EU-Troika (Ratspräsident, Präsident der Kommisssion, Ratssekretär)

Transitländer
•  Aserbaidschan, Georgien, Türkei

Förderländer
•  Kasachstan, Turkmenistan, Usbekistan, Ägypten

Beobachter
•  Ukraine, USA, Russland

Die drei Transitländer (das Transitland Aserbaidschan ist zugleich Förderland) waren durch ihre Präsidenten, das Gas-Förderland Ägypten war durch seinen Energieminister vertreten. Das Abkommen wurde unterzeichnet vom Präsidenten des Europäischen Rats (Tschechien), dem Präsidenten der EU-Kommission, den Präsidenten der drei Transitländer und dem Energieminister Ägyptens.

Die zentralasiatischen Förderländer hatten lediglich Vertreter entsandt und haben das Abkommen (noch) nicht unterzeichnet. Der ebenfalls geladene Irak schickte keinen Vertreter, obwohl das Land der EU vor einiger Zeit Gaslieferungen versprochen hatte. Die Einladung Russlands als Beobachter erfolgte auf deutsches Drängen.


Entwicklung

Etwa 25 Prozent des europäischen Gasbedarfs werden aus Russland gedeckt. Deutschland bezieht fast 40 % seines Gases aus Russland. Das Abkommen verfolgt das Ziel einer dringend notwendigen Diversifizierung des Gasbezugs für Europa. Aus Sicht der EU soll der "Südliche Korridor“ die bestehenden Verträge Europas mit Russland nicht in Frage stellen, sondern für alle Seiten Vorteile aus der neuen Energiepartnerschaft bringen.

Unter anderem wurde vereinbart:

  • mit der Türkei = bis Juni 2009 eine Regierungsvereinbarung zum Bau der Nabucco-Pipeline zu unterzeichnen (2013 ist das Projekt gescheitert)
  • mit Ägypten = gemeinsame Projekte zur Ausbeutung von dortigen Gasvorkommen, die dann nach Europa exportiert werden sollen
  • mit dem Irak = so schnell wie möglich eine Absichtserklärung über Energienutzung.

Kommentar

Im Kaspischen Raum liefern sich europäische Firmen einen scharfen Konkurrenzkampf mit dem russischen Staatskonzern Gasprom um die Förderung der Gasvorkommen. Das neue Abkommen soll aus europäischer Sicht die bisher vor allem von der Privatindustrie getragenen Pipeline-Projekte im Süden Europas auf hoher politischer Ebene zu unterstützen. Allerdings bleiben weiterhin etliche Baustellen bestehen:

(1) Förderländer

Dringend notwendig sind schriftlichen Vereinbarungen und Verträge mit den Liefer- und Transitländern, weil bisherige Absprachen in einigen Fällen nur mündlich gemacht wurden (z.B. gibt es aus Turkmenistan nur mündliche Zusagen über die Lieferung von Gas für Nabucco). Die Tatsache, dass die für das ganze Projekt entscheidenden zentralasiatischen Förderländer nicht mit ihren Präsidenten beim Gipfeltreffen vertreten waren und das Abkommen nicht unterzeichneten, ist ein schlechtes Zeichen. Der Ratspräsident beschönigte dies mit dem Hinweis, dass diese Staaten, anders als etwa Aserbeidschan, keine europäischen Aspirationen hätten.

(2) Türkei und Nabucco

Die EU trat mit Nachdruck für den Bau der Gas-Pipeline Nabucco ein, die Gas über Georgien und die Türkei nach Österreich bringen sollte. Der türkische Präsident ließ in seinen Ausführungen erkennen, dass die Türkei für ihre Unterstützung des Nabucco-Projekts erwartet, dass die EU in den Beitrittsverhandlungen das Energiekapitel eröffnet. Deutlich wurde, dass die Türkei eine Schlüsselstellung für die "neue Seidenstraße" einnimmt - nicht nur für Nabucco, sondern auch für weitere Energiestränge, so z.B. für eine Pipeline von der Türkei nach Griechenland und Italien (ITGI), deren erster Teil, eine Verbindung von der Türkei nach Griechenland, bereits in Betrieb ist. Anmerkung: Das Nabucco-Projekt ist 2013 gescheitert.

3. Aserbaidschan

Eine weitere Schlüsselstellung nimmt Aserbaidschan als Förder- und Transitland ein. Eine bis Ende dieses Jahres zu erstellende Machbarkeitsstudie über einen Sammelkaufmechanismus namens "Caspian Development Corporation“ soll beurteilen, ob dieser Zusammenschluss als Zwischenhändler Gas aus Aserbaidschan kaufen könnte, um die für Lieferländer wichtige stabile Nachfrage zu gewährleisten.