Vorbemerkung: Die drei Grafiken dieser Webseite vergleichen den Stand der Wehrstrukturen (insbesondere Personalstärke und Wehrdienst) in den Jahren 2022, 2006 und 2000 in einheitlicher Systematik und ermöglichen so einen guten Überblick über die deutlichen Veränderungen, die innerhalb nur weniger Jahre stattgefunden haben. Die Auswahl der 17 in den Grafiken aufgelisteten NATO-Staaten ergibt sich aus dem Mitgliederstand im Jahr 2000. Damals hatte die NATO 19 Mitglieder, wobei aus Gründen der Übersichtlichkeit zwei Staaten nicht aufgelistet sind, nämlich Luxemburg (rund 1.400 Freiwillige) und Island (keine Streitkräfte). Die Reihenfolge der 17 Staaten wurde in allen drei Grafiken bewusst beibehalten.
Wehrstrukturen heute
Die Grafik zeigt die Streitkräftestärken und Wehrformen von 17 der 29 NATO-Mitgliedstaaten mit aktuellem Stand. Die gelben Balken zeigen die Freiwilligenanteile, die roten Balken die Wehrpflichtigenanteile. Die dargestellten Stärkezahlen sind Anhaltswerte und schließen Sonderformen wie z.B. die Carabinieri in Italien oder die Gendarmerie in der Türkei nicht ein.
Von den 30 NATO-Mitgliedern haben derzeit nur 5 Staaten Wehrpflichtige in den Streitkräften (von oben nach unten): Türkei, Griechenland, Norwegen, Estland und Litauen. - Anmerkungen zum Sonderfall Dänemark und zu Litauen siehe weiter unten.
Wehrstrukturen 2006
Die Grafik zeigt in der gleichen Systematik wie oben die Streitkräftestärken und Wehrformen der NATO-Mitgliedstaaten im Jahr 2006. Die Reihenfolge der Auflistung wurde bewusst beibehalten, um einen Vergleich auf einen Blick zu ermöglichen.
Im Jahr 2006 bestand noch in 8 der damals 26 NATO-Staaten die Wehrpflicht (von oben nach unten): Türkei, Deutschland, Polen, Griechenland, Norwegen, Dänemark sowie Estland und Litauen. Obwohl noch rund ein Drittel der NATO-Staaten an der Wehrpflicht festhielten, deutete sich im Vergleich mit dem Jahr 2000 bereits an, dass die Wehrpflicht innerhalb der NATO ein Auslaufmodell werden würde...
Wehrstrukturen 2000
Die Grafik zeigt in der gleichen Systematik wie oben die Streitkräftestärken und Wehrformen der NATO-Mitgliedstaaten im Jahr 2000. Aufgeführt sind siebzehn der damals neunzehn NATO-Staaten (NATO-19). Nicht aufgelistet sind Luxemburg (Freiwilligenarmee mit ca. 1.400 Soldaten) und Island (keine Streitkräfte).
Im Jahr 2000 bestand noch in 12 der damals 19 NATO-Staaten die Wehrpflicht. Über Freiwilligenarmeen verfügten nur 6 Staaten (von oben nach unten): USA, Großbritannien, Kanada, Niederlande und Belgien sowie (in der Balkengrafik nicht aufgeführt) Luxemburg. Das neunzehnte NATO-Mitglied, Island, hatte und hat keine Streitkräfte.
Anmerkungen
Dänemark ist ein Sonderfall, wo Wehrpflichtige nur dann einberufen werden, wenn sich nicht genug Freiwillige melden. Dies ist bis heute nicht der Fall. Die Wehrpflicht ist de facto außer Kraft. - Litauen hat 2015 wegen der Ukraine-Krise die Wehrpflicht wieder reaktiviert.
Kommentar
Reine Wehrpflichtigenarmeen gibt es nicht, vielmehr waren und sind solche Streitkräfte immer eine Mischform aus Wehrpflichtigen und Freiwilligen, will sagen Zeit- und Berufssoldaten.
Während in der NATO die Staaten mit Wehrpflicht im Jahr 2000 noch deutlich in der Mehrheit waren, reduzierte sich ihr Anteil bis heute auf etwa ein Fünftel. Betrachtet man den Anteil der Wehrpflichtigen an der Gesamtstärke der Streitkräfte, so reduzierte sich ihr Anteil von gut einem Drittel im Jahr 2000 auf etwas mehr als ein Zehntel im Jahr 2022.
Auffallend ist der hohe Anteil an Wehrpflichtigen in der Türkei, was u.a. daran liegt, dass die Armee dort in weiten Teilen die Funktion einer "Schule der Nation" hat. Und da die Türkei über viele Soldaten verfügt, braucht auch Griechenland seiner Ansicht nach ebenfalls angemessen viele, was auch dort wiederum nur mit Wehrpflichtigen zu erreichen ist. Sieht man von diesen beiden Fällen ab, existiert die Wehrpflicht in der NATO nur noch drei kleineren Staaten - Estland, Litauen und Norwegen - mit einem Gesamtanteil von einigen Tausend Wehrpflichtigen.
In den 2004 und 2009 neu hinzugetretenen NATO-Staaten, also den Staaten des ehemaligen Ostblocks, war die Beibehaltung der Wehrpflicht als Übergangslösung positiv zu werten, da man so am besten die Transformation von sozialistisch-autoritär strukturierten Armeen hin zu demokratisch-legitimierten Streitkräften bewerkstelligen konnte. Nebenbei gesagt: Bei dieser inzwischen weitgehend gelungenen Transformation avancierte das deutsche Modell der Inneren Führung zu Recht zu einem echten "Exportschlager"...