Die Geschichte der Wehrpflicht

Wehrpflicht im Wandel der Zeiten - Chronologie und Beispiele

Wehrpflicht im Wandel der Zeiten

Die Grafik setzt den Wandel der Wehrformen (linke Spalte) in Beziehung zu symptomatischen Ereignissen (rechte Spalte) in ausgewählten Ländern bzw. Gebieten (mittlere Spalte). Die Beispiele und Stichworte dienen als geistige Appetitanreger zu einer eingehenderen Betrachtung des jeweiligen geschichtlichen Hintergrundes. Es lohnt sich!

Deutlich wird unter anderem, dass der Wehrdienst in Zeiten empfundener Bedrohung weitgehend als der Normalfall angesehen wird. Dies gilt sowohl für den antiken Stadtstaat Sparta, in dem jeder männliche Bürger von 7 - 70 Jahren zum Militärdienst herangezogen werden konnte, als auch für den modernen Staat Israel, in dem eine allgemeine Wehrpflicht selbst für Frauen als selbstverständlich angesehen wird.

Deutlich wird aber auch, dass die Wehrpflicht per se kein Schutz vor militärischen Abenteuern darstellt. Der Zweite Weltkrieg konnte durch Hitler nur durch die Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935 entfacht werden. Nur vier Jahre später begann das Desaster.


Wehrpflicht - Flexibilisierung des Wehrdienstes in der Bundeswehr bis 2011

Die Flexibilisierung des Wehrdienstes

Die Bundeswehr hat im Zuge verschiedener Reformen die Ableistung des Wehrdienstes zunehmend flexibel gestaltet. Die Grafik stellt den letzten Stand vor Aussetzung der Wehrpflicht mit Wirkung 1. Juli 2011 dar - in drei Spalten von links nach rechts

•  Grundwehrdienstleistende (GWDL)
•  Freiwillig zusätzlichen Wehrdienst Leistende (FWDL)
•  Soldaten auf Zeit (SaZ)

GWDL konnten den Grundwehrdienst von 9 Monaten in 2 Varianten ableisten (siehe Grafik). Um mit einem weit verbreiteten Irrtum aufzuräumen: Kein Grundwehrdienstleistender musste an Auslandseinsätze teilnehmen! Eine freiwillige Teilnahme an Friedensmissionen war allerdings möglich, und jährlich nahmen etliche Dutzend GWDL diese Möglichkeit wahr.

FWDL leisteten einen freiwillig zusätzlichen (umgangssprachlich als  "verlängerter Wehrdienst" bezeichnet) von insgesamt bis zu 23 Monaten. Dies setzte die Bereitschaft zur Teilnahme an Auslandseinsätzen voraus.

Als SaZ konnten sich auch Wehrpflichtige bewerben (Dienstzeit von 2-12 Jahren). Auch dies setzte logischerweise die Bereitschaft zur Teilnahme an Auslandseinsätzen voraus.


Kommentar

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sieht den Wehrdienst als den "Normalfall", den Ersatzdienst als die "Ausnahme" an. Seit 2000 allerdings näherte sich der Anteil der Kriegsdienstverweigerer unter den Gemusterten der 50-Prozent Marke - nicht zuletzt wohl einer der Gründe für die Aussetzung der Wehrpflicht ab 2011.

Der Begriff "Kriegsdienstverweigerung" für die Ableistung des Wehrdienstes selbst in Friedenszeiten erscheint vielen als problematisch. Eine hilfreiche Stütze zur Beurteilung der Problematik kann daher der o.a. Rückblick auf die Geschichte der Wehrpflicht im Wandel der Zeiten geben.

Kritiker hielten eine Grundwehrdienstzeit von 9 bzw. 6-plus-3 Monaten für völlig unzureichend, und das Wort von einer "Zwei-Klassen-Armee" machte die Runde. Fakt ist: Da die Bundeswehr sich mehr und mehr zu einer international operierenden Armee entwickelt, muss die Truppe in erster Linie für Auslandseinsätze ausgebildet werden.

Geschichtliche Erfahrungen haben gezeigt, dass der Soldat primär für seine "kleine Gruppe" kämpft, also für seine unmittelbare ("verschworene") Gemeinschaft. Eine völlige Integration von GWDL in diese Ausbildung hätte zur Folge gehabt, dass die Gemeinschaften bei Auslandseinsätzen auseinander gerissen worden wären. Konsequenz: Man musste notgedrungen weitgehend getrennt ausbilden.

Kämpfer oder Kaffeeholer? Das war eine häufig gestellte Frage...