Die Agenda 2010

Die Agenda 2010 - Reformstau und Reformansätze

Agenda 2010

Das Schaubild gibt einen Überblick über Schwerpunktbereiche des Reformstaus (links) und die beabsichtigten Reformvorhaben (rechts) mit Stand 2003 gemäß der Regierungserklärung vom 14. März 2003. Viele der Reformvorhaben wurden, zum Teil modifiziert, umgesetzt. Beispielhaft seien hier erwähnt die Reformen im Bereich der Wirtschaft, wie z.B. Förderung des Mittelstandes durch Änderung der Handwerksordnung, Lockerung des Kündigungsschutzes und Umlegung der Lohnnebenkosten.

Bei den Maßnahmen am Arbeitsmarkt fällt auf, dass "Hartz" zwar in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen wurde, die Definitionen aber weitgehend unbekannt sind. Deshalb zur Information

 Hartz I  Personal-Service-Agenturen
 Hartz II  Minijobs
 Hartz III  Bundesagentur für Arbeit
 Hartz IV  Arbeitslosengeld 2 (AG 2)

Kommentar

Die Ausgangslage: Deutschland – der "kranke Mann" Europas

In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wuchs die deutsche Volkswirtschaft deutlich langsamer als die der meisten internationalen Konkurrenten. Gleich mehrmals landete Deutschland bei der Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sogar auf dem letzten Platz der damaligen EU-15. Viele Beobachter hielten die neunziger Jahre für ein für Deutschland verlorenes Jahrzehnt. Und auch seit der Jahrtausendwende hatte sich die Situation nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Die Stagnation vom Herbst 2000 bis Ende 2003 war die längste seit Gründung der Bundesrepublik.

Bereits 1997 war "Reformstau" das "Wort des Jahres". Deutschland schnitt auf allen Wachstumsfeldern deutlich schlechter ab als vergleichbare Volkswirtschaften. Hohe Steuern und Abgaben, eine lähmende Bürokratie und immer noch hohe Arbeitskosten gehörten zu den hausgemachten Ursachen, die den Beschäftigungsaufbau verhindern. Die sozialen Sicherungssysteme standen (und stehen) angesichts der Alterung der Gesellschaft vor gravierenden Finanzierungsproblemen. Schließlich förderten das leistungsfeindliche und komplizierte Steuersystem Kapitalflucht und Schwarzarbeit und behinderte Investitionen am deutschen Standort.

Hinzu kam eine Reihe neuer Herausforderungen durch die Globalisierung, die nach wie vor bestehen. Die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland beschränkt sich nicht mehr nur auf einfache Arbeiten. Auch hochwertige Waren und Dienstleistungen lassen sich heute in vielen Ländern kostengünstiger erstellen als in Deutschland. Die Wissensintensivierung in der Arbeitswelt verstärkt den Druck auf Arbeitnehmer mit geringen Qualifikationen.

Die Agenda 2010: Ein erster Schritt

"Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen." Mit diesen Worten versuchte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder Deutschland im Frühjahr 2003 auf Reformkurs zu bringen. Hinter der damals noch unbekannten Chiffre "Agenda 2010" verbarg sich ein Maßnahmenbündel, mit dem die Sozialsysteme saniert, die Lohnnebenkosten gesenkt, der Arbeitsmarkt flexibler gestaltet und die öffentlichen Finanzen konsolidiert werden sollten.

Mit der Agenda 2010 hatte die Politik einen ersten Schritt gewagt, den Abwärtstrend zu stoppen. Wir bezeichneten die Agenda 2010 damals nicht als ersten Schritt, sondern als erstes "Schrittchen". Gleichwohl – ohne diese Initiative stünde Deutschland heute wirtschaftlich nicht an erster Stelle und an letzter Stelle innerhalb der EU und an vierter Stelle im globalen Vergleich.

Dass nicht alles perfekt ist und dass weiterhin nachgesteuert werden muss ist unbestritten. Bleibt zu hoffen, dass in kommenden Wahlkämpfen und Regierungsperioden das Erreichte nicht verwässert wird und die politisch Verantwortlichen dynamisch und flexibel auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen reagieren werden.

Agenda 2020? Agenda 2030? Schaun mer mal…