Die „Achse des Bösen“ und der Irakkrieg 2003

Die "Achse des Bösen" im Jahr 2002

Politik hat auch etwas mit Psychologie zu tun

Harte Rhetorik in harten Zeiten ist verständlich, aber muss es gleich so hart sein? Nach dem geschichtlich belegten Begriff "Kreuzzug" und der drastischen Formulierung "Schurkenstaaten" jetzt also die "Achse des Bösen" und eine "Liste potentieller Zielstaaten". Was war damit gemeint?

1. Als "Achse des Bösen" wurden 2002 namentlich drei Staaten bezeichnet (in der Grafik in Rot)
•  Irak, Iran, Nordkorea
(aber auch Libyen, Syrien und Kuba liegen interessanterweise auf dieser "Achse")

2. Die "Liste potentieller Zielstaaten" der US-Nuklearplanung (durch die Medien bekannt geworden und von offizieller Seite nur halbherzig dementiert) umfasste 2002 sechs Staaten auf der sogenannten Achse (in der Grafik in Violett):
•  Libyen , Syrien, Irak, Iran, China, Russland, Nordkorea
(und natürlich auch Russland als siebter Zielstaat)

Interessante Erkenntnisse und Folgerungen siehe Kommentar weiter unten.


Irakkrieg 2003 - die "Erklärung der Acht" pro Militäreinsatz

Irakkrieg 2003 und die "Erklärung der Acht"

Februar 2003. Nur wenige Tage nach der verwaschenen Erklärung der damals 15 EU-Außenminister zu einer gemeinsamen Position in der Irak-Krise hatten acht europäische Staaten die harte Linie der USA eindeutig unterstützt. Die Atomisierung der europäischen Interessen war damit - wieder einmal - aller Welt vor Augen geführt worden.

Die "Erklärung der Acht" zur Irak-Krise wurde von den Regierungschefs folgender europäischer Staaten unterzeichnet (in der Grafik in Violett):

  • Großbritannien, Dänemark, Portugal, Spanien, Italien (EU-Mitglieder)
  • Polen, Tschechien, Ungarn (2003 nur EU-Beitrittskandidaten; ihr Beitritt erfolgte am 01. Mai 2004.)

Frankreich bildete zusammen mit Deutschland die "Achse der Guten", hielt sich aber im Gegensatz zu Deutschland lange Zeit alle Optionen offen. Russland übernahm die ablehnende Position erst nach längerem Zögern.


Irakkrieg 2003 - Staaten Pro und Contra eines militärischen Einsatzes

Irakkrieg 2003 - Positionen Pro und Contra

Die Grafik gibt einen Überblick über die Positionen Staaten wie folgt:

  1. Pro militärischer Einsatz (in Violett): die "Koalition der Willigen"
  2. Contra militärischer Einsatz (in Gelb): die "Kontinentalachse der Neinsager" (oft auch als die "Kriegsdienstverweigerer" betitelt).

Außer den in der Grafik markierten Staaten nahmen weitere nichteuropäische Staaten am Einsatz teil. Die Truppe unter Führung der USA wurde als "Multinational Force Iraq" (Multinationale Einsatzkräfte Irak) eingesetzt und umfasste etwa 170.000 Soldaten.


Kommentar

1. Zur Achse des Bösen

Die sogenannten Achsenstaaten mit Ausnahme Nordkoreas beherbergten oder unterstützten mit Wissen und Duldung politisch Verantwortlicher Hauptquartiere internationaler Terrororganisationen.

Will man gegen den internationalen Terrorismus konsequent vorgehen, muss man - da der eigentliche Gegner weitgehend unsichtbar bleibt - bei den "save havens", den sicheren Häfen (Zufluchtsorte), ansetzen. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen müssen den Herberg-Staaten der Terroristen in aller Deutlichkeit klar gemacht werden.

Hinzu kommt: Die sogenannten Achsenstaaten arbeiteten an der Entwicklung bzw. am Erwerb von Massenvernichtungswaffen - also atomaren, biologischen und/oder chemischen Waffen (ABC-Waffen). Im Falle Iran und Nordkorea waren über Aufklärungsmittel bzw. Eingeständnis deutliche Hinweise erbracht worden. Zudem ist ein untrügliches Zeichen für die Absicht zum Erwerb von ABC-Waffen die Entwicklung weitreichender Waffensysteme:

Weitreichende Waffensysteme, insbesondere Raketen, machen nur Sinn, wenn sie mit Sprengköpfen eingesetzt werden, die Massenvernichtungsmittel enthalten. Der Einsatz dieser Systeme lediglich mit einem konventionellen Gefechtskopf wäre ein waffentechnischer Overkill, da die Wirkung am Ziel in keinem Verhältnis zum Aufwand stünde. Staaten, die sich weitreichende Einsatzmittel beschaffen, verfolgen damit einen Zweck. Der Zweck ist logischer Weise deren potentieller Einsatz, zumindest aber die Option der Androhung ihres Einsatzes (vgl. hierzu auch das Konfliktpotential zwischen den neuen Atommächten Indien und Pakistan).

2. Zur Zielliste

Libyen wurde nach Gaddafis Wandel in 2003 zum Gutmenschen von der Liste entfernt. Irak wurde nach dem Einmarsch 2003 gelöscht - man wollte schließlich kein "friendly fire"...

Interessante Erkenntnis: Bis auf Libyen haben alle Staaten gemeinsame Grenzen mit Mitgliedern der OSZE, drei davon sogar gemeinsame Grenzen mit dem NATO-Mitgliedstaat Türkei.

Fakt ist: Die verbleibenden sogenannten Achsenmächte sind Zielstaaten, da sie versuchen, sich Massenvernichtungswaffen zu beschaffen bzw. zu entwickeln oder besitzen diese bereits (im Falle des Irak wurde dies in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts durch UNO-Kontrolleure, darunter auch Deutsche, und nicht zuletzt durch den Einsatz chemischer Waffen gegen die Kurden nachgewiesen).

Darüber hinaus besitzen bzw. entwickeln diese Staaten weitreichende ballistische Raketen. Deren Einsatz macht aber nur Sinn, wenn sie mit nicht-konventionellen Sprengköpfen bestückt werden (siehe oben).

Fakt ist: Russland und China waren, sind und bleiben potentielle Zielstaaten für die amerikanische Nuklearplanung. Dies gilt allerdings auch umgekehrt: Auch Russland plant Nuklearziele in China und den USA, auch China plant Nuklearziele in Russland und den USA. Die Aufregung Chinas und Russlands ist deshalb scheinheilig.

Man mag die wechselseitigen nuklearen Geiselnahmen dieser drei Staaten verabscheuen, aber dies ist die Logik nuklearer Abschreckung und globaler Machtpolitik. Niemand beschafft sich Atomwaffen ohne Absicht, und die Umsetzung der Absichten manifestiert sich in der nuklearen Zielplanung. Das dies ausgerechnet drei Länder betrifft, die in der sogenannten "Großen Allianz" gemeinsam gegen den internationalen Terrorismus vorgehen wollten, macht das Ganze nur pikanter.


Fazit

In ihrer Analyse der potentiellen Bedrohungen und Risiken durch die o.a. Achsenstaaten und Zielstaaten hatte die US-Regierung sicherlich recht. Aber wir Europäer sind nun mal Sensibelchen. Uns erschreckt die drastische Rhetorik, denn sie konfrontiert uns mit der harten Realität. Bleibt zu hoffen, dass die Rhetorik in erster Linie den Zweck hat, uns aufzuwecken und die angesprochenen Länder zum Einlenken zu bewegen. Gelänge dies, könnte man die Rhetorik verzeihen.