Parameter der GSVP – die Instrumente

Der GSVP steht dasselbe Instrumentarium wie der GASP zur Verfügung. Auf der Grundlage der Leitlinien und Strategien des Europäischen Rates beschließt der Rat über die Standpunkte der Union zu außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen und über die Durchführung von Aktionen, zum Beispiel in der Form von militärischen Missionen.


(1)  Militärische Planziele (Military Headline Goals)

Die EU verfügt, ebenso wie die NATO, über keine eigenen Streitkräfte. Stattdessen greift die EU auf die Streitkräfte der Mitgliedstaaten zurück, welche im Einzelfall autonom über die Bereitstellung entscheiden. In Deutschland erfordert dies die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages.

European Headline Goal 2003
Um im Rahmen der EU aktiv zu werden, wurde auf dem Gipfeltreffen des Europäischen Rats von Helsinki im Jahr 1999 eine Verbesserung der militärischen Fähigkeiten der EU vereinbart (deshalb ist das Planziel auch bekannt als "Helsinki Headline Goal"). Kernpunkt war die Aufstellung einer Schnellen Eingreiftruppe (siehe unten).

European Headline Goal 2010
Da das ursprüngliche Ziel einer umfassenden Einsatzfähigkeit der Eingreiftruppe bis zum Jahr 2003 nicht erreicht wurde, wurde im ersten Halbjahr 2004 eine erneute Verbesserung der militärischen Fähigkeiten im Rahmen des European Headline Goal 2010 vereinbart. Seitdem hat sich an den grundlegenden Defiziten nichts geändert - ein neues Headline Goal wurde nicht beschlossen...

Militärische Fähigkeiten

a. Schnelle Eingreiftruppe
Im ersten europäischen Planziel (European Headline Goal 2003) beschloss die Union, binnen 60 Tagen für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr 50.000-60.000 Soldaten für die gesamte Bandbreite der Petersberg-Aufgaben als schnelle EU-Eingreiftruppe zur Verfügung stellen zu können. Hierbei geht es in erster Linie um friedenssichernde / friedensstabilisierende Einsätze wie die Mission in Bosnien & Herzegowina durch EUFOR Althea.

b. EU Battlegroups
Im Juni 2004 beschloss der Rat die Aufstellung von EU-Kampfgruppen (EU Battlegroups - EUBG) zur schnellen Verbesserung der Einsatzfähigkeit. Diese hochflexiblen Verbände mit einer Stärke von etwa 1.500 Soldaten können innerhalb von 10–15 Tagen in einem Radius von 6.000 km um Brüssel für eine Dauer von bis zu vier Monaten zum Krisenmanagement eingesetzt werden. 2005 waren die ersten Verbände verfügbar, die volle Einsatzfähigkeit wurde 2007 erreicht. Seitdem stehen jeweils 2 dieser in der Regel multinational zusammengesetzten Verbände für jeweils 6 Monate einsatzbereit zur Verfügung.

Bei allen Verpflichtungen im Rahmen der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten handelt es sich nicht um rechtsverbindliche Vorgaben, sondern um autonome - allerdings politisch verbindliche - Verpflichtungen der Mitgliedstaaten.

Im Fall von EU-Militäreinsätzen liegt die politische Kontrolle und strategische Leitung der Mission beim Rat und dem PSK. Derzeit verfügt die EU im beschränkten Maße über eigene Planungs- und Durchführungskapazitäten, gegebenenfalls unter Rückgriff auf Mittel der Mitgliedstaaten. Insbesondere bei umfassenderen Operationen wie EUFOR Althea muss die EU aber auch auf Mittel und Fähigkeiten der NATO auf Grundlage der "Berlin Plus" Vereinbarung zurückgreifen. Das sogenannte EU-Hauptquartier für diesen Einsatz ist daher "Gast" bei SHAPE (siehe oben).


(2)  Zivile Planziele (Civilan Headline Goals)

Die Erfahrungen auf dem Balkan und in Afghanistan haben gezeigt, dass zivile Instrumente unverzichtbarer Teil des Krisenmanagements sind, in den meisten Fällen sogar die bevorzugten. Zivile Kräfte sind sowohl für die Verhinderung von Konflikten (Prävention) als für den Wiederaufbau staatlicher Strukturen entscheidend.

Markenzeichen und besondere Stärke der GSVP ist nach Auffassung der Union der parallele und ausgewogene Aufbau von zivilen und militärischen Fähigkeiten. Die Union kann somit auf das gesamte Spektrum an Krisenmanagementinstrumenten zurückgreifen, die von diplomatischen Vermittlungsanstrengungen, über die Verhängung von Sanktionen, der Entsendung von Polizei- oder Rechtsstaatsmissionen bis hin zum Einsatz militärischer Mittel reichen.

Bei den Gipfeltreffen von Feira (Juni 2000) und Göteborg (Juni 2001) wurden entsprechende Ziele für Teilbereiche des zivilen Krisenmanagements formuliert. Der Europäische Rat beschloss, Fähigkeiten in den Schwerpunktbereichen Polizei, Rechtsstaat, Zivilverwaltung und Katastrophenschutz aufzubauen.

Civilian Headline Goal 2008 / 2010

Der Europäische Rat hat im Dezember 2004 ein konsolidiertes Planziel für die zivile Krisenbewältigung beschlossen. Hauptziel war die Identifizierung und der Aufbau derjenigen zivilen Fähigkeiten, welche die Union bis zum Jahr 2008 zur Erfüllung dieser Aufgaben benötigt. Unter deutscher Ratspräsidentschaft wurde der Zeithorizont an das militärische Planziel 2010 angepasst. Die mit dem zivilen Planziel beabsichtigte qualitative und quantitative Verbesserung im Bereich der zivilen Krisenbewältigung soll u.a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

a. Mobilisierung ausreichender Ressourcen für ziviles Krisenmanagement
Das Ziel ist die Fähigkeit, mehrere zivile Missionen – darunter eine größere "Substitutionsmission" (Einsatz mit Exekutivrechten und -aufgaben, z.B. durch Polizeikräfte) in schwierigem Umfeld – über einen längeren Zeitraum parallel durchführen zu können.

b. Verbesserung der schnellen Reaktionsfähigkeit im zivilen Bereich
Zum Beispiel durch Entsendung so genannter integrierter ziviler Krisenreaktionsteams.

c. Engere Verzahnung von zivilem und militärischem Krisenmanagement
Die Mitgliedstaaten und die EU bieten eine Reihe von Programmen an, um Polizisten und zivile Experten auf Einsätze im Rahmen der GSVP vorzubereiten. Der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen (NGO) kommt in diesem Zusammenhang große Bedeutung zu.

In Deutschland wurde 2002 das Berliner "Zentrum für Internationale Friedenseinsätze" (ZIF) in engem Zusammenwirken von Bundesregierung und Bundestag gegründet, um die deutschen zivilen Kapazitäten für internationale Friedenseinsätze zu stärken.

Weiterführender externer Link


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06 Februar 2019 Kategorien GSVP