Globalisierung - eine Frage der Perspektive
Mit dem Phänomen der Globalisierung sind viele Aspekte verbunden. Der Begriff steht, auch wenn er erst in den letzten Jahren allgegenwärtig zu sein scheint, für eine Entwicklung, die weit in die Geschichte zurückreicht und eine große Zahl grenzüberschreitender Aktivitäten umfasst. Es handelt sich um einen Prozess, der schrittweise verlaufen ist und auf mehreren, unterschiedlich starken Triebkräften beruht.
Am besten lässt sich mit den verschiedenen Phasen der "Entdeckungen" jeweils sogenannter "Neue Welten" verdeutlichen (siehe Grafik):
• die Ausdehnung des Mittelmeerraums (Abendland / Morgenland)
• die Kontaktaufnahme mit Asien, insbesondere mit China (Seidenstraße)
• die Entdeckung Amerikas (1492 - die "neue" Welt)
• die Erforschung / Eroberung Afrikas (Kolonisation)
Mehr Globalisierung als heute geht nicht, die Welt befindet sich auf der letzten Stufe denkbarer Welt-Erweiterungen.
Einen besonderen Schub löste in diesem Zusammenhang der Zusammenbruch des Ostblocks aus, als an die Stelle der Konkurrenz zweier Gesellschaftsvorstellungen ein weltweiter Kampf um wirtschaftliche Marktanteile und Ressourcen trat.
Wer oder was globalisiert sich?
Als wesentliche Ursachen der Globalisierung gelten der technische Fortschritt in nahezu allen Bereichen (insbesondere in den Kommunikations- und Transporttechniken) sowie politische Entscheidungen zur Liberalisierung des Welthandels.
Die Grafik listet die Bereiche und Aspekte auf, durch die und in denen sich die Globalisierung besonders manifestiert, u.a.:
- der weltweite Handel mit Waren, Dienstleistungen und Kapital und der daraus resultierende globalisierte Konsum
- die Entwicklung und Anwendung neuer Technologien, z.B. Bio- und Gentechnik, neue Energien, Mikroelektronik, Kommunikations- und Informationstechnologie, Navigationstechnologie (GPS)
- die sich globalisierende Sprache (englisch als Weltsprache), Kultur (insbesondere die "westliche" Kultur) und Sozialisation (gesellschaftliche Verhaltensmuster)
- die neuen Transportmittel (Großraumflugzeuge, Containerschiffe)
- der Tourismus (Urlaub global)
- die Universalisierung der Wertesysteme (Demokratie, Menschenrechte - allerdings auch mit der Entstehung von Gegenbewegungen und Abschottungstendenzen)
- und nicht zuletzt globalisiert sich - wenn auch sehr unterschiedlich - auch die Politik (internationale Vereinbarungen und Organisationen).
Allerdings - wo Licht ist, ist auch viel Schatten. Die Globalisierung wirkt sich auch auf die negativen Aspekte menschlicher Verhaltensmuster aus, wie z.B.
- Korruption
- Organisierte Kriminalität
- Geldwäsche
- Drogenhandel
- Menschenschmuggel
- Terrorismus
- religiös verbrämte Ideologien
Kommentar
Globalisierung ist eine Entwicklung, die äußerst kontrovers diskutiert wird:
Für ihre Befürworter ist sie in erster Linie der Weg zu einem effizienteren Wirtschaften durch den Abbau von Handels- und Wettbewerbsbeschränkungen.
Für ihre Kritiker verringert die wachsende internationale Verflechtung dagegen die staatliche Steuerungsfähigkeit, da z.B. weltweit operierende Wirtschaftsunternehmen keiner wirksamen gesellschaftlichen Kontrolle unterworfen sind. Dies wird als Quelle für politische und wirtschaftliche Instabilität sowie eine zunehmende soziale Ungleichheit in und zwischen den Staaten angesehen.
Seit einigen Jahren macht sich auch der internationale Terrorismus vermehrt die Instrumente und Möglichkeiten zunutze, die der Prozess der Globalisierung bietet. So löst Globalisierung
• bei den einen Aufbruchstimmung aus,
• bei den anderen hingegen Angstgefühle.
Angesichts der Komplexität des Globalisierungsprozesses überrascht es nicht, dass die Gefühle der Menschen ihm gegenüber vielfältig und mitunter höchst gegensätzlich sind. In einer Hinsicht herrscht allerdings zwischen den Befürwortern und Kritikern weitgehende Einigkeit:
- Globalisierung kann weder aufgehalten noch je nach Belieben zurückgedreht werden.
Worauf es ankommt, ist, was die Staaten und die vielen beteiligten Akteure aus ihr machen. Wer gegen die Globalisierung als solche demonstriert, ist so intelligent wie einer, der gegen das Wetter demonstriert. Man kann sich über Regen ärgern und auf Sonneschein hoffen, ändern kann man es nicht.
Unabänderbare Veränderungen und Entwicklungen können und sollten nicht aufgehalten, sondern müssen - so weit als möglich - vernünftig und zielgerichtet gesteuert werden.