SPOTLIGHT: Gemessen am nominalen BIP errechnet sich für den Staat in den beiden Jahren 2022 und 2023 eine Defizitquote von 2,5 %, die damit deutlich niedriger war als in den beiden vorangegangenen Jahren. Sie liegt auch innerhalb des europäischen Referenzwertes von 3 % aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt, der allerdings bis einschließlich 2023 ausgesetzt blieb.
Finanzierungssaldo 2023
Der Finanzierungssaldo des Staates der letzten Jahre wird in der Grafik verdeutlicht. Der Finanzierungssaldo wird dargestellt in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach Maastricht-Kriterien bzw. nach Kriterien des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts (= minus 3 % - siehe rote Querlinie). Der Finanzierungsaldo ist nicht identisch mit der Neuverschuldungsquote, aber in etwa vergleichbar.
Gemessen am nominalen BIP errechnet sich für den Staat im Jahr 2023 eine Defizitquote von 2,5 %, die damit unterhalb des europäischen Referenzwertes von 3 % aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt, der allerdings bis einschließlich 2023 ausgesetzt blieb. Im Jahr 2022 wurden die Entlastungen des Staatshaushalts durch die auslaufenden Corona-Maßnahmen von neuen Belastungen durch die Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine überlagert. Die staatlichen Haushalte beendeten das Jahr 2022 nach vorläufigen Berechnungen mit einem Finanzierungsdefizit von 101,6 Milliarden Euro. Das waren knapp 33 Milliarden Euro weniger als im Jahr 2021 (134,3 Milliarden Euro).
Datenquelle dieses Kapitels ist auch das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat), da die angezeigten Quoten mit den Maastricht-Kriterien und Daten des Europäischen Stabilitätspakts ermittelt werden.
Weiterführende externe Links
- Eurostat
(Webpräsenz des Statistischen Amts der Europäischen Union - in Englisch, Französisch und Deutsch) - Statistisches Bundesamt (Destatis)
Zum Vergleich
Schuldenquote und Finanzierungssaldo 2018
(alter Text vom April 2019 - Auszüge)
Die Schuldenstandsquote des Staates (öffentlicher Schuldenstand - linkes Diagramm) und der Finanzierungssaldo des Staates (rechtes Diagramm) der letzten Jahre werden in der Grafik verdeutlicht. Beide werden gemessen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach Maastricht-Kriterien bzw. nach Kriterien des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts (60% und -3% - siehe rote Querlinien). Der Finanzierungsaldo ist nicht identisch mit der Neuverschuldungsquote, aber in etwa vergleichbar.
Erkenntnis: Beim Finanzierungssaldo des Staates war bis 2011 ein Defizit zu verzeichnen, wobei in den Jahren 2009 und 2010 der Maastricht-Schwellenwert (Defizitquote von maximal -3%) deutlich überschritten wurde. Ab 2014 gelang es, statt eines Defizits einen Überschuss zu erzielen und diesen bis 2018 deutlich zu steigern. Deutschland nimmt damit auch 2018 einen der Spitzenplätze innerhalb der EU ein.
Ende alter Text
Kommentar
Beim Finanzierungssaldo des Staates war bis 2011 ein Defizit zu verzeichnen, wobei in den Jahren 2009 und 2010 der Maastricht-Schwellenwert (Defizitquote von maximal -3 %) deutlich überschritten wurde. Ab 2014 gelang es, statt eines Defizits einen Überschuss zu erzielen und diesen bis 2018 deutlich zu steigern. Deutschland nahm auch 2019 einen der Spitzenplätze innerhalb der EU ein. Mit der Corona-Krise wird ein deutliches Minus beim Finanzierungssaldo unausweichlich sein...
Das Defizit 2020 war das erste Defizit seit 2011 und das zweithöchste Defizit seit der deutschen Vereinigung, nur übertroffen vom Rekorddefizit des Jahres 1995, in dem die Treuhandschulden in den Staatshaushalt übernommen wurden.
Die Schuldenstandsquote (auch Schuldenquote genannt) gibt in Prozent an, wie hoch sich der öffentliche Gesamthaushalt (Bund, Länder, Gemeinden/Gemeindeverbände und gesetzliche Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte) beim nicht-öffentlichen Bereich verschuldet hat. Zum nicht-öffentlichen Bereich zählen Kreditinstitute sowie der sonstige inländische Bereich (zum Beispiel private Unternehmen) und der sonstige ausländische Bereich.
Der nominale Schuldenberg Deutschlands wuchs bis zum Jahr 2012 kontinuierlich. Entgegen landläufiger Meinung hat die Bundesrepublik Deutschland seit ihrem Bestehen fast jedes Jahr neue Schulden gemacht, die in erster Linie mit der sogenannten Nettokreditaufnahme "gedeckt" wurden.
Im Jahr 2013 sind die öffentlichen Schulden erstmals seit 1950 gesunken, und zwar um rund 30,3 Milliarden Euro. Seitdem konnten der nominale Schuldenberg des öffentlichen Gesamthaushalts Jahr für Jahr gesenkt werden, in erster Linie aufgrund der günstigen Zins- um Umschuldungssituation. Dennoch lasteten im Jahr 2018 auf jedem Bundesbürger rund 25.000 Euro Staatsschulden.
Der Schuldenberg Deutschlands hatte bereits 2010 die 2.000 Milliarden Euro Grenze überschritten. Die enorme Steigerung 2010 ergibt sich u.a. durch Einbeziehung der Verpflichtungen für die sogenannten Bad Banks in die Statistik. Kritiker befürchten, dass der Schuldenberg bis zum Jahr 2050 auf gigantische 8 Billionen Euro anwachsen könnte.
Die ganze Problematik wird deutlich, wenn man sich den Zeitrahmen für einen möglichen Schuldenabbau vor Augen führt: Würde die öffentliche Hand keine neuen mehr Schulden machen und den Schuldenberg mit jährlich 10 Milliarden Euro aktiv und unabhängig von der Zinssituation abbauen, wäre Deutschland erst in etwa 250 Jahren schuldenfrei!
1. Wie setzt sich der Schuldenberg zusammen?
Nicht nur der Bund, auch die Länder und Kommunen tragen zum Schuldenberg bei. Die Anteile betragen derzeit etwa 65% für den Bund, 30% für die Gesamtheit der Bundesländer und etwa 5% für die Kommunen und sonstige Körperschaften. Die Faustformel zur Aufteilung der Schulden zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (in dieser Reihenfolge) lautet also: 65 : 30 : 5.
Vorsicht - Argumentationsfalle: Auch die gern benutzte Terminologie "Wir bauen Schulden ab" meint meist nicht den Abbau des bislang aufgehäuften Schuldenbergs, sondern bezieht sich lediglich auf die Absicht, "etwas weniger mehr" neue Schulden zu machen!
2. Wem schuldet der Staat Geld?
Zum einen den Bürgerinnen und Bürgern, die Anleihen und andere Staatspapiere kaufen und dadurch einen erheblichen Anteil der Staatskredite finanzieren.
Zum anderen den normalen Banken und Sparkassen, bei denen sich der Staat Geld geliehen hat. Als "guter Kunde" profitiert er hierbei von besonders günstigen Sonderkonditionen (derzeit erhält er Kredite schon für rund drei Prozent Zinsen, während der Zinssatz für Privat-Darlehen bei über zehn Prozent und mehr liegt). Da der Staat im Allgemeinen die höchste Kreditwürdigkeit genießt, ist auch eine Kündigung der Kredite mit anschließender Pfändung des Vermögens unrealistisch.
Im Übrigen haben Kredite und Anleihen feste Laufzeiten. Die Aufnahme eines Dispo-Kredits (Überziehungskredit z.B. bei der Europäischen Zentralbank (EZB) - ist den EU-Ländern durch den Vertrag von Lissabon untersagt. Dass Papier geduldig ist, zeigt der Ankauf von griechischen Anleihen durch die EZB 2010/2011...
3. Muss ein Staat jährlich neue Schulden machen?
Nein. Es gibt Staaten, die statt Schulden "Gewinn" machen. Dazu gehörten bei der Einführung des Euro z.B. Irland und Luxemburg. Aber auch die USA hatten um die Jahrhundertwende ein erhebliches jährliches Plus zu verzeichnen. Ganz zu schweigen von Australien, das seit Jahren keine Schulden, sondern "Gewinn" macht.
4. Könnte Deutschland Pleite gehen?
Nein, denn erstens bekommt der Staat Geld, solange die Bürger arbeiten. Und zweitens kann ein Staat nicht wie eine Firma, die nach der Pleite aufgelöst wird, einfach "verschwinden", denn Staatsgebiet und Staatsvolk bleiben in jedem Fall bestehen.
Allenfalls wäre ein Horror-Szenario denkbar: Um seine Schulden abzuzahlen, muss der Staat so viel ausgeben, dass für Löhne (Beamte, Angestellte) und Investitionen (z.B. Straßen, Schulen) kein Geld mehr übrig bleibt. Dies wäre der sogenannte Haushaltsnotstand.
5. Wer hilft, wenn Deutschland zahlungsunfähig würde?
Der Internationale Währungsfond (International Monetary Fund - IMF) der Vereinten Nationen würde Deutschland - wie anderen Staaten auch - im Notfall mit Geld versorgen. Bedingung wäre ein strikter Sparkurs für alle öffentlichen Haushalte, um das Land zu sanieren. Wie die aktuelle Schuldenkrise im Euroraum zeigt, wäre unter Umständen auch die EZB zum Eingreifen gezwungen ("Eurobonds" und der Ankauf von Staatsanleihen lassen grüßen...).