Deutschlands wechselvolle Geschichte

Deutsche Reiche und deutsche Demokratien (chronologische Übersicht)

Deutsche Reiche und deutsche Demokratien

Die Grafik gibt einen Überblick über die wechselvolle Geschichte Deutschlands - in vereinfachter, aber verdeutlichender Weise: 3 deutsche Reiche (rot) wechselten sich mit 3 demokratischen Ansätzen (grün) ab. Die Reiche existierten umso kürzer, je jüngeren Datums sie waren.

Aber nach zwei gescheiterten demokratischen Anläufen etablierte sich mit der Bundesrepublik Deutschland eine Demokratie, die nunmehr schon länger existiert als die letzten beiden deutschen Reiche zusammen - und fünfmal so lange wie das sogenannte Dritte Reich.


Die Neuner-Jahre - Schicksalsjahre der Deutschen

Die Neuner-Jahre - Schicksalsjahre der Deutschen

Die Grafik verdeutlicht den interessanten Aspekt, dass - beginnend mit der Varus-Schlacht 0009 - wichtige Ereignisse der deutschen Geschichte mit Neuner-Jahren verknüpft sind.

0009  -  Varus-Schlacht (Hermann der Cherusker)
1849  -  Paulskirchen-Verfassung (das "Professoren-Parlament")
1919  -  Weimarer Verfassung ("Verfassung des Deutschen Reiches")
1939  -  Zweiter Weltkrieg (50 Millionen Tote klagen an)
1949  -  Grundgesetz (Einigkeit und Recht und Freiheit)
1989  -  Mauerfall (der Anfang vom Ende der DDR)
2019  -  70 Jahre Bundesrepublik Deutschland (70 Jahre Frieden in Freiheit)

Nicht in die Grafik eingearbeitet, aber nicht unerwähnt bleiben soll das "Superwahljahr 2009". Es umfasste

  • die Wahl des Bundespräsidenten am 23. Mai 2009 durch die Bundesversammlung am Gründungstag der Bundesrepublik Deutschland
  • die Europawahl am 07. Juni 2009
  • fünf Landtagswahlen (Hessen, Saarland, Sachsen, Thüringen und Brandenburg)
  • die Bundestagswahl am 27. September 2009

Kommentar

Deutschlands Positionierung im 21. Jahrhundert

Kaum ein Land der Welt hat in den letzten einhundert Jahren eine so wechselvolle Geschichte gehabt wie Deutschland.

Ein heute Hundertjähriger hat das Kaiserreich, die Weimarer Republik, das "Dritte Reich", den sozialistischer Teilstaat DDR oder den demokratischen Teilstaat Bundesrepublik Deutschland erlebt. Er hat die Zerstörungen, Verwerfungen und Erschütterungen dreier Kriege erfahren: den Ersten Weltkrieg, den Zweiten Weltkrieg und den Kalten Krieg. Er lebte in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts in einem der beiden deutschen Teilstaaten, die als potentielles Gefechtsfeld an der Nahtstelle des Ost-West-Antagonismus besonders verwundbar waren.

Die Deutschen entwickelten in dieser Phase eine für sie adäquate Überlebensstrategie: Die "Kultur der Selbstbeschränkung". Diese hat Jahrzehntelang bestens funktioniert. Deutsche Macht (schon die Verwendung dieses Begriffes war verpönt), deutscher Einfluss und deutsche Interessen wurden heruntergespielt, und die Anpassung an "die anderen" wurde zum dominierenden Verhaltensmuster.

Mit der Zeitenwende von 1989 hat sich diese Situation grundlegend geändert: Die Welt, Europa und Deutschland haben sich verändert. Für viele Deutsche ist es nicht leicht, diese neue Realität zu akzeptieren. Für sie scheint das Charakteristikum eines normalen Landes schlicht darin zu bestehen, sich in aller Stille um die eigenen Angelegenheiten zu kümmern.

Die Welt wird Deutschland jedoch nicht mehr gestatten, sich im Hintergrund zu halten. Deutschland ist die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt, der zweitgrößte Exportstaat der Welt und das bevölkerungsreichste Land Europas. Deutschland wird aufgrund der normativen Kraft des Faktischen in zunehmendem Maße sowohl zur politischen als auch zur wirtschaftlichen Führungsmacht in Europa - ob wir das wollen oder nicht.

Das Dilemma liegt auf der Hand: Nachdem die Deutschen fast ein halbes Jahrhundert lang in Sack und Asche durch die Welt gingen und sich permanent dafür entschuldigten, geboren worden zu sein, besteht nun die Gefahr, dass sie wieder mit Knobelbechern und Geldkoffern die Welt am deutschen Wesen genesen lassen wollen.

Die Lösung? Deutschland muss ein "normaler" Staat werden. Kurz gesagt: Wir müssen erwachsen werden. Dies wird eine Gratwanderung sein zwischen Selbstbeschränkung und Selbstüberschätzung, Selbsttäuschung und Selbstbewusstsein.