EU-Beitrittskriterien

SPOTLIGHT: Der am 24. Februar 2022 begonnene Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine führte zu den Anfang März 2022 eingereichten Bitten der drei  Bewerberländer Ukraine, Georgien und Moldau um Aufnahme in die EU. Am 23. Juni 2022 anerkannte die EU die Ukraine und Moldau als neue offizielle Beitrittskandidaten. Die diesbezüglichen Beitrittskriterien sind "politische" Kriterien, das heißt sie könnten mit einer vertretbaren Großzügigkeit aus- und angelegt werden, ohne eine grundsätzliche Aufweichung der sogenannten Kopenhagen-Kriterien zur Folge zu haben.


EU-Beitrittskriterien - die sogenannten Kopenhagen-Kriterien

Die Kopenhagen-Kriterien

Der Europäische Rat traf auf seiner Tagung in Kopenhagen im Juni 1993 die grundsätzliche Entscheidung über die künftige Erweiterung der Europäischen Union um die damals assoziierten Länder Mittel- und Osteuropas.
Mit diesen sogenannten Kopenhagen-Kriterien wurden für alle künftigen Erweiterungsprozesse drei grundsätzliche Kriterien festgelegt, die Beitrittskandidaten als Voraussetzung für die Mitgliedschaft erfüllen müssen:

1. Politisches Kriterium
Institutionelle Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten.

2. Wirtschaftliches Kriterium
Funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten.

3. Kriterium der Übernahme des Besitzstandes der EU
Übernahme der aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen und der Ziele der Politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion.


Erläuterungen

Die Kopenhagen-Kriterien stellen natürlich nur ein grobes Raster dar. In den eigentlichen Verhandlungen müssen etwa drei Dutzend Politikbereiche, sogenannte Kapitel, abgearbeitet werden - mit Zig-Tausenden Einzelaspekten des zu übernehmenden Besitzstandes (z.B. Gesetze, Verordnungen, Richtlinien) - im EU-Jargon als "aquis communitaire" (gemeinsamer Besitzstand) bezeichnet.

Hinzu kommt: Die Beitrittskriterien sind "politische" Kriterien, d.h. sie müssen mit einer vertretbaren Großzügigkeit aus- und angelegt werden. Man stelle sich nur vor, das wirtschaftliche Kriterium wäre bei der deutschen Wiedervereinigung auf die Wettbewerbsfähigkeit der DDR konsequent angelegt worden - wir würden noch heute auf die Wiedervereinigung warten...

1995 hat der Europäische Rat von Madrid präzisiert, dass ein Kandidatenland außerdem in der Lage sein muss, die EU-Regeln und Vorschriften umzusetzen. Ein Beitritt setzt insbesondere voraus, dass das Kandidatenland durch Anpassung seiner Verwaltungsstrukturen die Bedingungen für seine Integration geschaffen hat.

Auf der anderen Seite hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch die EU ihrerseits in der Lage sein muss, neue Mitglieder aufzunehmen. Hierzu zählt vor allem, dass die Effizienz ihrer Organe und Entscheidungsverfahren gewährleistet bleibt, gemeinsame Strategien in allen Bereichen weiterhin umgesetzt werden können, und die Finanzierbarkeit der Politiken der EU sichergestellt ist.


Eckdaten der EU-Erweiterung nach 1993

  • 1993 (EU-15)
    Der Europäische Rat in Kopenhagen erklärte die Beitrittsanträge der mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) als rechtmäßig. Damit verpflichtete sich die Europäische Union zu einem der ehrgeizigsten Projekte ihrer Geschichte.
  • 1997
    Der Europäische Rat in Amsterdam der damaligen EU-15 sprach sich dafür aus, die Beitrittsverhandlungen 1998 zu eröffnen und nahm die Beitrittsgesuche von zunächst zehn Bewerberländern an.
  • 1998
    Die Beitrittsverhandlungen begannen mit einer ersten Runde von sechs Ländern:
    Estland, Polen, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern.
    Fünf weitere Länder sollten in einer zweiten Runde folgen:
    Bulgarien, Lettland, Litauen, Slowakei, Rumänien.
    Als sechstes Land kam Malta hinzu, das seinen Beitrittsantrag im September 1998 neu stellte.
  • 2004 (EU-25)
    Alle Bewerberländer mit Ausnahme von Bulgarien und Rumänien wurden am 1. Mai 2004 in die EU aufgenommen. Zugleich wurden Kroatien und Mazedonien (EJR) als Beitrittskandidaten akzeptiert.
  • 2005
    Die Beitrittsverhandlungen mit den Kandidatenländern Türkei und Mazedonien begannen am 3. Oktober 2005. Der Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien wurde ausgesetzt und an die Bedingung der kroatischen Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal geknüpft.
  • 2007 (EU-27)
    Der Beitritt von Bulgarien und Rumänien erfolgte am 1. Januar 2007.
  • 2011
    Der Europäische Rat unterzeichnete am 9. Dezember 2011 den Beitrittsvertrag mit Kroatien.
  • 2013 (EU-28)
    Der Beitritt Kroatiens erfolgte am 1. Juli 2013.
  • 2015
    Island hat am 12. März 2015 seinen Antrag auf einen Beitritt zur Europäischen Union offiziell zurückgezogen.
  • 2017
    Großbritannien beschließt nach Referendum seinen Austritt aus der EU (ursprünglich vorgesehen für Ende März 2019)
  • 2020
    Großbritannien trat am 31. Januar 2020 nach 47 Jahren Mitgliedschaft aus der EU aus und schlug damit ein neues Kapitel in seinem Verhältnis zur EU auf.
  • 2022
    3 neue offizielle Beitrittskandidaten der EU: Ukraine und Moldau (seit 23.06.2022) und Bosnien & Herzegowina (seit 15.12.2022)

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