Die Ländervertretung
Der Bundesrat ist eines der fünf ständigen Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland. Er ist als Vertretung der Länder das föderative Bundesorgan und entscheidet mit über die Politik des Bundes. Der Bundesrat bildet damit zum einen ein Gegengewicht zu den Verfassungsorganen Bundestag und Bundesregierung, zum anderen das Bindeglied zwischen Bund und Ländern.
Die Grafik zeigt die höchst unterschiedlichen Einwohnerzahlen der Länder (gelbe Balken) und vergleicht diese mit der Sitzverteilung im Bundesrat (rote Kästen). Die Aufteilung der insgesamt 69 Sitze (Stimmen) folgt einer Gewichtung der Länder nach ihren Einwohnerzahlen wie folgt:
• pro Land mindestens 3 Sitze
• ab 2 Mio. Einwohner 4 Sitze
• ab 6 Mio. Einwohner 5 Sitze
• ab 7 Mio. Einwohner 6 Sitze
Wie die Grafik verdeutlicht, ist die in Einwohnerzahlen gemessene Größe der Länder höchst unterschiedlich: Vom kleinsten (und zudem in sich zwei-geteiltem) Stadtstaat Bremen mit etwa 700.000 Einwohnern bis hin zum mehr als 25-mal größeren Nordrhein-Westfalen (NRW) mit seinen fast 18 Millionen Einwohnern.
Bei der Sitz- und Stimmenverteilung im Bundesrat hat die Gewichtung nach Einwohnerzahlen zur Folge, dass kleine und kleinste Länder überproportional stark vertreten sind, während bevölkerungsstarke Länder wie NRW, Bayern oder Baden-Württemberg deutlich unterrepräsentiert sind.
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Die konkurrierende Gesetzgebung
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit (Artikel 50 GG). Dadurch entsteht aber auch ein Spannungsverhältnis in der Zuordnung zwischen der Bundes- und der Ländergesetzgebung. Grundsätzlich gilt: Bundesrecht bricht Landesrecht.
Während es Politikbereiche gibt, die eindeutig in die Zuständigkeit des Bundes fallen (z.B. die Außenpolitik und Verteidigungspolitik), entstand in immer mehr Politikbereichen eine Gesetzgebungskonkurrenz zwischen Bund und Ländern.
Hinzu kommt: Ursprünglich war die Mitwirkung der Länder auf etwa ein Drittel der Gesetze beschränkt; inzwischen ist der Anteil ihrer Mitwirkung jedoch auf fast zwei Drittel gestiegen. Der Bundesrat kann damit viele Gesetzesvorlagen "blockieren". In solchen Fällen wird eine vermittelnde Institution eingeschaltet: der Vermittlungsausschuss.
Näheres siehe interne Webseite
• Verfassungsorgane des Bundes
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Föderalismuskommissionen
Die berechtigte Kritik an föderalen Verkrustungen haben Bundestag und Bundesrat aufgegriffen und eine Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung versucht, wozu sogenannte Föderalismuskommissionen eingesetzt wurden. Föderalismuskommissionen gab es bisher dreimal:
1. Die "Unabhängige Föderalismuskommission" bestand von 1991 bis 1992. Sie gab im Wesentlichen Empfehlungen zur Verlegung von Bundeseinrichtungen in die neuen Länder.
2. Die "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Bundesstaatkommission - auch als Föderalismuskommission "I" bezeichnet) tagte von 2003 bis 2004. Sie hatte sich allerdings trotz weitgehender Übereinstimmungen nicht auf gemeinsame Vorschläge verständigen können. Das Thema wurde 2005/2006 wieder aufgegriffen und resultierte in einer Gesetzesvorlage zur Föderalismusreform, der bisher umfangreichsten Änderung des Grundgesetzes. Die Reform der staatlichen Finanzverfassung wurde dabei zunächst ausgeklammert.
3. Die "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (Föderalismuskommission "II") bestand von 2007 und 2009. Sie resultierte im Wesentlichen in einer Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern (insbesondere die Aufteilung von Steuereinnahmen), des Länderfinanzausgleichs (zwischen sogenannten reichen und armen Bundesländern) sowie der Verfahren, um die Verschuldung der öffentlichen Haushalte zu begrenzen.
Föderalismuskritik
Kleinstaaterei im Zeitalter der Globalisierung? In der Tat, bei allen Vorzügen des Föderalismus stellt sich die Frage, ob die Versechzehnfachung von Organen, Institutionen, Behörden, Schulsystemen, Lehrplänen etc. noch zeitgemäß ist.
Bedauerlicherweise haben ausgerechnet die o.a. Föderalismuskommissionen diese Kleinstaaterei u.a. im Bereich Bildung festgeschrieben. Das Ergebnis: "Pisa" lässt grüßen.
Noch problematischer: Ende 2011 zeigte die Aufdeckung der rechtsterroristischen Mordserie, dass ganz offensichtlich die Vielzahl an ländereigenen Verfassungsschützern und Polizeien, die mangelnder Kommunikation zwischen diesen und mit den bundeseigenen Behörden (u.a. Verfassungsschutz und BKA) mit dazu beigetragen haben, dass eine rechtzeitige Aufklärung der Hintergründe und Taten verhindert wurde. Ganz offensichtlich gilt für viele Bereiche: Weniger ist mehr...